1 1Sind im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden, so ist der Steuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen. 2Das gilt auch in den Fällen, in denen eine Betriebsstätte sich über mehrere Gemeinden erstreckt hat oder eine Betriebsstätte innerhalb eines Erhebungszeitraums von einer Gemeinde in eine andere Gemeinde verlegt worden ist.
2 1Bei der Zerlegung sind die Gemeinden nicht zu berücksichtigen, in denen
- Verkehrsunternehmen lediglich Gleisanlagen unterhalten,
- sich nur Anlagen befinden, die der Weiterleitung fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe sowie elektrischer Energie dienen, ohne dass diese dort abgegeben werden,
- Bergbauunternehmen keine oberirdischen Anlagen haben, in welchen eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird.
2Dies gilt nicht, wenn dadurch auf keine Gemeinde ein Zerlegungsanteil oder der Steuermessbetrag entfallen würde.
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R 28.1
Richtlinie
Zerlegung des Steuermessbetrags
aufklappen Zuklappen1 1Der Steuermessbetrag ist auf alle Gemeinden zu zerlegen, in denen im Erhebungszeitraum Betriebsstätten unterhalten worden sind. 2Im Fall der Verpachtung oder Stilllegung eines Teilbetriebs unterhält der Unternehmer im Allgemeinen keine Betriebsstätte in der Gemeinde, in der sich die Anlagen befinden. 3Die Belegenheitsgemeinde hat deshalb keinen Anspruch auf einen Zerlegungsanteil. 4Vorübergehend ruhende Betriebsstätten, auch mehrfach in einem Erhebungszeitraum ruhende Betriebsstätten (z. B. bei Saisonbetrieben), sind in die Zerlegung einzubeziehen. 5Für Zwecke der Zerlegung gelten Bauausführungen oder Montagen nur dann als Betriebsstätte, wenn die Voraussetzungen des § 12 Nr. 8 AO (R 2.9 Abs. 2) in den Grenzen der einzelnen Gemeinde erfüllt sind. 6Dies gilt nicht, wenn dadurch auf keine Gemeinde ein Zerlegungsanteil oder der Steuermessbetrag entfallen würde.
2 1Für die Zerlegung gelten die Vorschriften der §§ 185 bis 189 AO. 2Danach sind Zerlegungsbescheide für die Gewerbesteuer gemäß § 173 Abs. 1 i. V. m. § 185, § 184 Abs. 1 Satz 3 AO änderbar.
3Ist der Gewerbesteuermessbescheid nach Vornahme der Zerlegung geändert worden, ist der Zerlegungsbescheid ebenfalls zu ändern (§ 185, § 184 Abs. 1 Satz 3, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). 4Die Zerlegung wird ferner nach § 189 AO geändert oder nachgeholt, wenn der Anspruch einer Gemeinde auf einen Anteil am Steuermessbetrag nicht berücksichtigt und auch nicht zurückgewiesen worden ist. 5Eine Änderung des ursprünglichen Gewerbesteuermessbescheids, z. B. nach § 172 Abs. 1 Nr. 2, § 173, § 175 AO oder § 35b GewStG, setzt demnach für die Gemeinde eine neue Frist im Sinne des § 189 Satz 3 AO in Lauf.
3Betriebsstätten, die außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes belegen sind, werden bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht berücksichtigt und scheiden deshalb auch für die Zerlegung des Steuermessbetrags aus.
4Gegen einen Zerlegungsbescheid des Finanzamts und gegen einen Bescheid, durch den ein Antrag auf Zerlegung abgelehnt wird, können der Steuerpflichtige und die beteiligten Gemeinden Einspruch einlegen (§ 347 Abs. 1 AO).
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H 28.1
Hinweise
aufklappen ZuklappenAuslieferungslager
Auslieferungslager, in denen der Unternehmer keine Arbeitnehmer beschäftigt, begründen in der Regel keinen Anspruch der Gemeinde auf einen Zerlegungsanteil. Dies rechtfertigt bei der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags in der Regel auch nicht die Anwendung des § 33 GewStG. Eine offenbare Unbilligkeit ist nur dann gegeben, wenn der Gemeinde durch die Betriebsstätte wesentliche Lasten erwachsen (BFH vom 12.7.1960 – BStBl III S. 386).
Auswirkungen der Änderung eines Gewerbesteuermessbescheids auf einen bereits bestandskräftigen Zerlegungsbescheid, wenn die beteiligten Gemeinden um den Zerlegungsmaßstab streiten
Soweit der Gewerbesteuermessbescheid geändert wird, ist auch der Zerlegungsbescheid als Folgebescheid gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 185, 184 Abs. 1 Satz 3 AO zu ändern. Im Rahmen des aus dem Gewerbesteuermessbescheid zu übernehmenden Erhöhungsbetrages kann eine zerlegungsberechtigte Gemeinde gegen den Zerlegungs-Änderungsbescheid alle Einwendungen erheben, die sich aus den materiell-rechtlichen Zerlegungsvorschriften ergeben. Insbesondere umfasst die Bestandskraft des ursprünglichen Zerlegungsbescheids nicht den in diesem Bescheid angewandten Zerlegungsmaßstab (BFH vom 20.4.1999 – BStBl II S. 542).
Änderung der Zerlegung
§ 189 AO trifft allein für den Fall der Nichtberücksichtigung von Gemeinden bei der Zerlegung eine abschließende Regelung (BFH vom 24.3.1992 – BStBl II S. 869). Die in § 189 Satz 3 AO bezeichnete Frist gilt auch für den Fall der erstmaligen Zerlegung (BFH vom 7.3.1957 – BStBl III S. 178). Maßgebend für den Beginn der Frist ist der Zeitpunkt, an dem der letzte endgültige Gewerbesteuermessbescheid unanfechtbar geworden ist (BFH vom 13.1.1959 – BStBl III S. 106).
Bauausführungen oder Montagen
Für eine Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages nach § 28 GewStG sind Bauausführungen nur dann als Betriebstätte anzusehen, wenn sie im Gebiet der einzelnen Gemeinde länger als sechs Monate dauern (§ 12 Satz 2 Nr. 8 AO). Witterungsbedingte oder bautechnisch bedingte Unterbrechungen von kürzerer Dauer berühren den Fortgang der Sechsmonatsfrist nicht (BFH vom 8.2.1979 – BStBl II S. 479).
Gewerbesteuermessbescheid als Grundlagenbescheid für den Zerlegungsbescheid
Als Folgebescheid des Gewerbesteuermessbescheides ist der Zerlegungsbescheid zugleich Grundlagenbescheid des Gewerbesteuerbescheides. Damit unterliegt er der Festsetzungsverjährung nach § 171 Abs. 4 AO, wenn er aufgrund einer Außenprüfung ergangen ist (BFH vom 13.5.1993 – BStBl II S. 828).
Maßgebliche Verhältnisse im Erhebungszeitraum
Sowohl für die Frage, ob ein Gewerbesteuermessbetrag gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG zu zerlegen ist, als auch für den Zerlegungsmaßstab gemäß § 29 GewStG kommt es auf die Verhältnisse im Erhebungszeitraum an. Dies gilt auch dann, wenn das Wirtschaftsjahr vom Erhebungszeitraum abweicht (BFH vom 17.2.1993 – BStBl II S. 679).
Mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten
Werden gleichwertige Geschäftsführungsaufgaben von an verschiedenen Orten ansässigen Personen ausgeübt, begründet dies mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten (BFH vom 5.11.2014 – BStBl II 2015 S. 601).
Sinngemäße Anwendung des § 173 Abs. 1 AO bei Änderungen der Zerlegungsbescheide
Zerlegungsbescheide für die Gewerbesteuer sind gemäß § 173 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 185, 184 Abs. 1 Satz 3 AO änderbar. Dabei ist auf den einzelnen Zerlegungsanteil abzustellen und von der Unterscheidung zwischen einer Änderung zuungunsten bzw. zugunsten des Steuerpflichtigen abzusehen (BFH vom 24.3.1992 – BStBl II S. 869).
Zerlegungssperre nach § 189 Abs. 3 AO
Gewerbesteuerzerlegungsverfahren und Zuteilungsverfahren nach § 190 AO sind zwei selbständige Verfahren. Der Eintritt der sog. Zerlegungssperre gemäß § 189 Satz 3 AO lässt sich nur durch den eigenen Antrag des übergangenen Steuerberechtigten auf Änderung oder Nachholung der Zerlegung vermeiden. Ein Antrag des Steuerpflichtigen genügt nicht. Ein solcher kann auch nicht über die Grundsätze der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag als für den Steuerberechtigten gestellt behandelt werden (BFH vom 8.11.2000 – BStBl 2001 II S. 769).
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